Das Liebesverhängnis – Leseprobe
Last exit Bahamas
„Es geschah, was geschehen musste, die liebende Rose war ein wehrloses Opfer.
Dem perfekte Plan ging sie auf den Leim, wie eine Motte nun einmal ins Licht flog… Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen. Es gab keinen Ausweg aus der Hölle in die sich ihr Paradies verwandelt hatte.
Eine Stunde später landeten sie in Nassau. Es regnete. Der Himmel war grau. Die Straßen auch. Sogar der Strand. Dabei hatten die Bahamas doch so einen romantischen Ruf von Ruhm und Rum. Wo waren die in knappen Bikinis tanzenden Strandschönheiten? Der Garten Eden der Bacardi-Werbung befand sich nie und nimmer auf den Bahamas. Nichts als Lug & Trug. Das Hotel war ein kalter Kasten, der aussah wie ein Knast. Es fehlten lediglich die Gefängnisstäbe vor dem Fenster zu einer Zelle der Trostlosigkeit. „Woolf. Was machen wir hier?“ Nikki insistierte. Woolf konterte kalt. „Das Ritz können wir uns momentan nicht leisten. Ich habe hier eine Art Kurierdienst zu tun. Easy & einträglich“…
Der Blick auf die MegaO bestätigte: erst 21 Uhr. „Was stellen wir jetzt an?“ Die Frage der Rose war rein rhetorisch. Woolf zog sie unnachgiebig gen Keller. Die Bar rief. Hier hatte er seine ominöse Verabredung. „Jetzt mache ich uns reich!“ Nikki flüchtete sich skeptisch in ihr Sicherheitsrefugium: den Powder Room. Dort blieb sie eine geschlagene Stunde. Als sie an die Bar zurückkam befand sich Woolf in inniger Unterhaltung mit einer drallen, äußerst billig aussehenden farbigen Pornobarbie. Ihr ordinäres knallrotes Schlauchkleid schien über dem gigantischen Busen zu platzen. Donna Summer für Arme. Woolf strahlte euphorisch. „Kräääbchen, da bist Du ja endlich. Ich dachte schon, Du bist ins Klo gefallen!“ Sie wurde so rot wie das Kleid der Afro-Barbie.
Nikki blickte skeptisch auf das vollgemalte Antlitz der Farbfrau. Sie war eindeutig eine Nutte. Was auch immer sie für Deals beschaffte. „Safe & sound“ waren die im Leben nicht! Nun gesellte sich auch noch ein verdächtig aussehender Kubaner mit fetter Goldkette zu ihnen. Typ fliehende Stirn, fliehendes Kinn, gleich ist der ganze Kerl weg… Seine halblangen schwarzen Haare waren mit Brillantine nach hinten geschmiert. Das schwarze, nach „Morphium für den Macho“ stinkende Hemd war bis zum Bauchnabel geöffnet.
Ermüdet sank Nikki in tiefster Erschöpfung auf dem Tresen zusammen. Das noch immer wohl frisierte Köpfchen auf die Ellenbogen gebettet. Für Woolf und seine Realität existierte sie sowieso nicht mehr. Er wollte Sex, Drugs und Rock & Roll mit seinen neuen Gefährten genießen. Endlich hatte ER einen Klumpen Kohle in der Brieftasche. Und: ein behagliches Kissen voller Koks“ Er war der King. Inmitten von schönen Menschen auf den Bahamas. Endlich angekommen bei seiner Bestimmung…
Die Rose blickte in Alarmbereitschaft auf das schlechte Geschehen. Unter den geschlossenen Wimpern beobachtete sie, von dem trinkenden Trio vergessen, das falsche Spiel. Der Zuhälter und seine braune Barbie wurden mit jedem Drink suspekter. Immer häufiger reichten sie einen Spiegel mit einer langen Linie voll schneeweißem Pulver durch die Runde. Die saugte Woolf durch einen schwarzen Strohhalm begierig durch die Nase.
Mit verschlagenem Grinsen verführte das diebische Duo den Woolf in den Vollrausch. Mit jeder Line Koks und in Strömen genossenen Champagner bugsierte Woolf sich tiefer in sein Verderben. Maßhalten war nicht sein Ding!
Nikki hatte genug gesehen. Eine angstvolle Ahnung überzog ihre Seele mit Gänsehaut. Sie räusperte sich mit einer Stimme so läuternd wie Kirchglocken. „Woolf. Du hast genug! Du bist der personifizierte Schluck- und Schneespecht. Doch eben ist es zu viel. Wir müssen hier weg bevor der Abend ÜBEL ENDET!“
Woolf starrte sie besoffen an. Der Cocktail aus Euphorie, Alkohol und Kokain war eine gefährliche Mischung. „Kräbbchen. Beruhig Dich. Trink was! Ich bin gerade vor dem ganz großen Durchbruch!“ Er leerte sein Glas und gönnte sich eine mächtige Lebenslinie. „One for the road!“ Nikki wollte der seltsamen Situation und der Gauner Gesellschaft dringlich entfliehen. Die Gefahr war greifbar. Sie kletterte mit zittrigen Beinen vom Barhocker…
Doch Woolf war nicht mehr zu bremsen. Ein Brownie fehlte noch auf seiner Liste der weiblichen Eroberungen. Er malte sich aus, wie er das üppige schokoladenfarbene Babe aus ihrem roten Schlauchkleid schälte wie eine Wurst aus ihrer Pelle. Die Vorstellung und das reichlich genossene Koks machten ihn scharf wie ein Sushi Messer. Er musste sie haben! Alles andere herum, insbesondere seine Rose, vergaß er vollends.
„Klackklackklackklackklack“ Ertönten deren gestrengen Schritte. Sie entfloh im Stechschritt der Bar der Finsternis. Verließ ihn. Wie alle Frauen zuvor. Ein explosiver Cocktail aus Wut und Geilheit erfüllte sein Herz. Er packte Donna brutal in den Ausschnitt und zog ihn auf seinen Schoss.
Die Rose lief mechanischen Schrittes weiter. Doch ihre Knie wurden mit jedem Schritt weicher. Sie hatte das Gefühl auf Gummi zu laufen. Einzusinken in einem Abgrund aus Angst. Ihr Herz war zerrissen zwischen ihrer Liebe und der Erkenntnis ihrer Zerstörungskraft. Sie drehte sich um. Mit einer Stimme so tief und rau als käme sie aus einem Grab stellte sie ihr Ultimatum. „Woolf. Du musst Dich entscheiden. Ich oder sie. Jetzt oder nie!“